Wieder ankommen

  • Die Straßenschilder haben ein strenges Layout
  • Treppensteigen? Im letzten Jahr bin ich sehr wenige Treppen gestiegen. In deutschen Häusern herumzulaufen ist fast schon anstrengend, man muss Treppen hinauf und hinab. Oft und mehrmals täglich. Das hatte ich komplett vergessen, war fast nie ich auf Treppen in Häusern unterwegs. Es gab auf meiner Reise fast nur Bungalowbauten.
  • Mein Schlüsselbund!? Hing die ganze Zeit am deutschen Haken, jetzt schaue ich das klimpernde Ding an und frage mich: Wofür war der Schlüssel denn? Und der? Ich hatte ein paar Farbmarkierungen dran, die helfen. Und die anderen Metallkunstwerke? Den Bund mit mir zu tragen ist mir jetzt fremd, ein seltsames Gefühl. Ich brauchte keinen Schlüssel in den letzten Monaten. Nur den Autoschlüssel
  • Der Bäcker meiner Kindheit ist ein seltsamer Raum voll alter Erinnerungen. Wieder dahin zu kommen, nach den Erlebnissen dieses Jahres, schwer zu greifen. Wie soll sich denn diese Erinnerung über das legen, was ich gerade hinter mir habe?

Mit diesem Post verabschiede ich meine Reise nach Australien und dem Pazifik. Ich suche mir jetzt ein paar stillere Zeiten, lass setzen, was sich setzen will. Und mache was daraus.
Ich arbeite an einem neuen Album, gehe in den Herbst und wünsche Euch: Alles Gute!

Bis Bald,

Maik

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Waimea Beach

Waimea Beach
Heißen sie George, Kate und Jeanie. Kate ist Jeanies Mum. George ist mit Kate verheiratet und hat mit ihr Jeanie. Ihren Sommerurlaub verbringen sie dieses Jahr auf O’ahu, gleich in Waikiki. Das ist der berühmteste Strand der Welt, sagen Reisebüro und Katalog im Chor. Hotel bezogen, die ersten Tage verbracht, geht es heute und morgen die Insel hoch. George will unbedingt die Surferstrände sehen, an denen jedes Jahr im Dezember bis zu 4 Meter hohe Wellen brausen, die Surfer aus der ganzen Welt anlocken. O’ahu North Shores – Tour gebucht, Mietwagen dick, Kreditkarte, Rabatt, ach komm’, noch ‚ne Sonnenbrille dazu und los geht’s.Das Auto ist schwer und groß, heult auf und wenn der Verkehr auf dem Freeway stehenbleibt, tuckert der Motor weiter. Klimaanlage – Es ist sonst zu warm. Nach 100 Minuten Fahrt sind George, Kate und Jeanie am Waimea Beach, ein Strand der eine Banzai Tube produziert. Eine Surfwelle, die durch den flachen Untergrund so gerade parallel dem Strand langsam hereinrollt, dass sie beim Brechen eine Röhre bildet, durch die die Surfer leidenschaftlich brettern.
Parkplatz, schöne Anlage. Ein Jumprock mit 25 Jugendlichen drauf, die alle nacheinander ins 4 Meter tiefer liegende Farbeimerwasser springen. Jeanie will schnell zum Wasser, ihre Badesachen trägt sie schon. George lässt den Motor auf dem Parkplatz noch laufen, draußen ist es sonst zu warm, nur noch 2 Minuten will Kate im Kühlen sitzen. Schwerfällig müht sie sich danach aus dem Wagen, ein Bein nach dem anderen. Jeanie spielt hinter Mums’ Beinen manchmal Verstecke. Sie denkt sich dann aus, wer sie suchen würde und wie sie alle austricksen würde. Keiner würde sie hinter Mum so schnell sehen, denkt sie sich pfiffig.

Wie ein Minzbonbon, nur durchsichtiger. Das denkt sich Jeanie beim Anblick des Wassers hier in Waimea Beach. Mum und Dad wollen nicht so richtig mit ins Wasser, aber das kühlt doch so gut? Jeanie springt hinein, macht ein paar Versuche, den Kopf unter Wasser zu halten und ihre Atmung zu stoppen. Die größeren Kinder schwimmen sogar dabei, das hatte sie schon oft gesehen.

Sie geht irgendwann heraus, springt über den heißen Sand. Sie läuft auf eine kleine Düne, mehr nur eine Anhäufung von Sand; sie sieht Mum und Dad von schräg oben. Dreht sich, da ist weiter hinten rechts eine kleine Kuppel, dort arbeitet der Bademeister, der die Menschen rettet. Und dann sind da Duschen, viele Leute und Autos. Sie blickt nach links und sieht einen großen grünen Busch, fast so groß wie ein kleines Haus. Halbrund wie eine Schale, die verkehrt herum auf einem Tisch aus Sand liegt, leuchtet der Busch grün. Wie hübsch. Jeanie rennt in Richtung der grünen Schale und bleibt dann plötzlich stehen. Sie zögert. Nein, das geht eigentlich nicht. Schaut noch einmal, dann dreht sie um, wieder zurück zu Mum und Dad. Es ist heiß, sie will wieder ins Wasser.


Martin öffnet die Augen. Es rauscht, flattert. Und es stinkt. Die Sonne ist schon über den Bergen, drückt schon ihre Hitze herunter und macht den beißenden Geruch von Tag zu Tag schlimmer. Martin will sich nochmal drehen, unter ihm ist es hart und weich zugleich, je nachdem, wo und wie er gerade liegt. Der Reißverschluss surrt, er knackt an den Stellen, an denen er schon zerschlissen ist. Martin duckt sich heraus und um ihn herum ist es eng. Jake scheint schon weg zu sein, bei ihm ist alles offen. Schattig ist es hier noch aber bald wird es unerträglich. Martin’s Hose hat Risse, seine Flippers sind in Wellen ausgetreten, manchmal spürt er noch, wie seine Fußsohle den Boden berührt. Dann hat er das Gefühl, die viele Hornhaut nimmt ihm jede Empfindung. Heiß, kalt, steinig – Spielt schon lange keine Rolle mehr.

Er schleicht, schlurft und greift sich zum Ausgang. T-shirt riecht zu sehr, ist sowieso bald zu warm. Also keins. Bevor er einen Blick und dann den schnellen Satz nach draußen riskiert, streift er sich die Haare über den Kopf. Ein paar davon hat er dann in den Händen. Grauer Schimmer, mit gelb. Seine Hände werden schmieriger, je öfter er sich die Haare zurückstreifen will. Dann ist es ihm egal.

Blick. Ok. Und los. Nein, Stopp. Ein paar Meter entfernt steht plötzlich ein Mädchen und sieht Martin an. Kurz nachdem es in seine Richtung gerannt war und irgendwie erschrocken stoppte. Er überlegt, ob er sich wieder wegducken soll. Aber eigentlich zu spät. Das Mädchen musste ihn gesehen haben, denn es dreht gleich wieder um und rennt davon. Was sonst. Sieht er denn so verängstigend aus?

Ein Satz hinaus, zum Straßenrand, der mit Felsen befestigt ist, die Treppe hoch und dann einen kleinen Kilometer bis nach Pupukea, vielleicht ist Jake dort, am Supermarkt und hat Glück mit ein paar Quartermünzen.


Gegen sieben am Abend kehrt Martin zurück. Weil Jake nicht da war, musste er es allein probieren. Irgendwie ist er auf 6$nochwas gekommen. Brot? Wasser? Nein, Wasser gibt’s kostenlos gleich neben den Toiletten. Vielleicht wirklich Brot. Aber erst morgen. Selbst wenn es aus dem Supermarkt kommt, ein frisches Brot, ja. Es könnten mehr Touristen in den Ort kommen, dann würde vielleicht jemand einen Waschsalon aufmachen. Das wäre nützlich und nicht zu teuer. Denn der Gestank wird von Tag zu Tag schlimmer. Bis nach Honolulu kommt Martin dieser Tage nicht. Nicht mit 6$ wenn man essen, und fahren will. Es hilft keiner. Dann eben morgen früh ein Brot, Stimmung ist dann sowieso besser.

Er läuft langsam zurück und ist bald an der Straße mit der Felsenbefestigung. Dort gibt es die Treppe, die zum Strand führt und die er vor einigen Stunden nahm als er nach Pupukea wollte. Und diese Treppe wird nur von den Dörflern benutzt, die Touristen haben den Parkplatz da hinten. Was die Dörfler wohl denken, wenn sie die Treppe herunterkommen?
Martin bleibt am unteren Rand stehen und blickt dorthin, wo er morgen früh hoffentlich wieder aufwachen wird. Kräftige Äste machen es schwer, den Eingang zu finden. Auf ihnen hängen Socken von ihm, Jake und den anderen Kumpels. Keiner will mehr so richtig dorthin, es stinkt zu sehr, aber das hält auch ungebetene Gäste ab. Dickfleischige grüne Blätter schützen vor Sonne, Regen und vor Entdecktwerden. Die Polizei hat keine Lust auf Martin und seine Freunde. Hinter den Ästen dann sein Bett, sein Nest, sein grüner Rückzugsort. Ein altes Zelt, was mal jemand wegschmeißen wollte. Am Rand wachsen schon Pflanzen hoch, Strandsand schmiegt sich organisch um die Zeltwände. Ja, das Zelt ist schon eine Weile hier. Es steht windschief, so gut es ging zwischen den Ästen des grünen Buschs’.

Martin kriecht durch die Äste unter das Blattdach seiner grünen Oase. Manchmal sieht er zwischen den Blättern die Touristen am Strand, aber niemand würde ihn hier drin vermuten. Ihn und sein Zelt. Ohne das er nicht überlebte. Was für eine Ironie, so warm Tag und Nacht, er würde nicht an Unterkühlung sterben, nur am Fehlen eines Rückzugsortes für sich. Das wäre sein Ende.


Jeanie ist am nächsten Abend wieder in Waikiki. Der zweite Tag der Tour und die Fahrt zurück war angenehm, kühl dann im Auto und Mum hatte Eis gekauft. Jeanie spielte auf dem Tablet. Jetzt sitzt sie im Hotelapartment 17. Stock und betrachtet den Sonnenuntergang im Westen. Dort, wo nur Wasser ist. Sie denkt an den Mann, der sich gestern in der grünen Schale wohl umgezogen hat. Aber es gibt doch Kabinen.

Martin kauft an diesem Tag sein Brot. Er teilt es sich ein. Am Abend, wenn die Touristen weg sind, nutzt er die öffentlichen Duschen, nicht weit seiner grünen Oase. Er sitzt im Sand, kaut auf seinen verbliebenen Zähnen trocken Brot. Das rote Licht der Sonne, die recht schnell hinter dem Horizont von Waimea Beach verschwindet, er genießt es. Kostet nix. Dann verschwindet er, zwischen die Äste, unter das Grün, hinein in das zerschlissene Zelt.

 

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Hallo aus dem Pazifik

Ein kurzes Lebenszeichen für meine Internetseite: Seit zwei Wochen bin ich im Pazifik unterwegs. Australien habe ich am 6. Juli verlassen, um am 5. Juli Abends auf den Cook Inseln anzukommen. Möglich macht das die Datumsgrenze, Freund und Helfer bei allen Zeitproblemen.
Die Cook Inseln und einige weitere Stationen auf meiner Pazifikreise bilden die Basis für ein neues Album. Mit der Arbeit daran habe ich vor zwei Wochen begonnen, Startschuss beim Abflug.

Viele Bilder zu posten, das spare ich mir, google kennt jede Menge Luftbilder der paradiesischen Cook Inseln. Sie alle zeigen die Wahrheit. Das Gefühl, auf diesen Inseln zu sein, das ist noch etwas anderes, wie so oft.

Am Donnerstagmorgen, gegen 3 Uhr, erreichte ich Auckland und bin seitdem in Neuseeland unterwegs. Vor viereinhalb Jahren war ich das erste Mal hier und alle Magie, Heimlichkeit und Unberührtheit dieses Landes melden sich gleich wieder zurück. Neuseeland wird dieses Mal ein Roadtrip – Auckland nach Auckland über die Northlands und Cape Reigna, zurück durch die Kauri Forests, das ist die Strecke. Durch die Landschaft zu fahren ist dabei ein Kinofilm, man macht wenige Fotos. Rollert mit 50 km/h durch die Welt und lässt den Zauber wirken.

Der südwestlichste Punkt des polynesischen Dreiecks, er zeigt am meisten Land und Geheimnis. Und doch ist der riesige Ozean niemals weit entfernt.

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Insel

Von heute nach gestern ist morgen wieder Vergangenheit. Zu schnell. Seit einigen Tagen bin ich im Pazifik unterwegs. Wie weit weg auch die kleinen Punkte im Meer aussehen mögen – hier zu   sein ist die fast größte Aufgabe, die man meistern kann. Der Flieger schnurrte über die Datumsgrenze, heute ist plötzlich gestern, Europa ist einen Tag voraus, wo in Australien eigentlich noch +8 Stunden MESZ angesagt war.

Und hier? Alle himmlischen Luftfotos, alle Träume der Südsee, schlichtweg jede Erfindung, einen Traum hier im Südpazifik zu verkaufen – sie stimmen. Die farbgesättigten Fotos für den Reisekatalog?  Ist tatsächlich so. Das Palmen-Sand-Wind-Wasser- Gefühl am anderen Ende der Welt? Passt genau. Lagunen minzbonbonblau? Oh Lá Lá! Aber ob’s so ist, wie es einem beworben wird, ist gar nicht so wichtig. Auf diesem kleinen Eiland atmet das Leben im Rhythmus der Wellen, alles ist langsamer, weniger, durchsichtig wie das Glaswasser. Die Menschen rollern auf Mopeds mit 40 km/h über die immergrüne Insel, zirkeln im Kreis entlang der Küste barfuß mit Einkaufstüten ihren Tag ab. Das Feierabendbier wird an einem Weststrand zum Sonnenuntergang getrunken, das rot – orange Panorama über dem Widescreen- Meer könnte nicht besser gemalt sein. Man sitzt am Strand und muss sich zu einer Einsicht überreden: Für die Insulaner ist das hier kein Reiseziel, es ist das Leben. Ein einfaches und reiches Leben, das weniger mit Geld zu tun hat. Die tausende Kilometer Ozean rings um einen herum, das Gefühl auf einer Insel zu sein, das hat etwas mit Idylle, Überschaubarkeit und Barrieren zu tun. Und mit: Unerreichbarkeit. Man kennt sich, die Ruhe, Einsamkeit und das Community – Gefühl eines Dorfes mit nix weiter rundherum außer dem Meer – es fällt schwer, das nicht als eine Leinwand zu sehen, die irgendwann „Ende“ zeigt. Abgelegen, weit weg von Allem, was bewegt und was sich bewegt – das ist hier. Das Meer als Barriere erhellt auch den Blick in einen spannenden Gedanken: Vieles, was aufregen kann, vieles, was Energie raubt und Aufmerksamkeit will, die Reizüberflutung im Westen – Alles menschengemacht und der mögliche Stress nach der Überlastung davon ebenso. Hier? Es spielt keine Rolle, es gibt keinen Imperativ, der sagt: Mach’!! Die Menschen hier leben wie auf einem Stern im Universum, mit ein paar dünnen Linien zu anderen Planeten. Für jemanden, der in Mitteleuropa aufgewachsen ist, ist dieser Stern einfach nur unglaublich. Das Gefühl, im Südpazifik zu sein – nicht mit Worten machbar.

Eine Inselimitation: Fahrrad fahren, einen Kreis von 30 km Umfang fahren, den linken Arm ausstrecken, in der Hand ein Pazifik – A3 Foto halten. Und immer wenn man nach links schaut denken: Oh – blaues Wasser, hört ja nie auf?!

Abend auf Rarotonga
Abend auf Rarotonga
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Klimperkasten – hierauf entsteht mein neues Album
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Unbenannt

Liebe Musik- Interessierte und Beheimatete im und aus dem Landkreis Elbe – Elster,

es folgt: Eine herzliche Einladung zu einem schnieken Vorhaben.

Doch zunächst: Ein vorläufiger Abschied!

Alle Worte sind nicht genug, aber nach aller Zeit hier auf Terra Australis tickt die Uhr. Die Sonne versinkt, die Wälder brennen, ich wundere mich. Bald ist mein Atem hier verbraucht, bald verlasse ich das Land für Zeiten. Es fällt sehr leicht, das zu beweinen, weil – |____| dieser Behälter voll von Erfahrungen ist, die kein Wort in eine andere Welt bringen kann als in jener, in denen sie geschehen waren. Ich verbringe den letzten Abschnitt in den Blue Mountains und packe, sortiere, ordne, verschicke. Der Van ist – ja- verkauft, die Vorstellung, bald das Land zu verlassen ist wie am nächsten Morgen auf die Sonne zu warten und sie nicht aufgehen zu sehen. Letztlich – Manchmal findet Wehmut seinen Weg ins Haus, doch die letzten Zeiten hier im Land, sind sie besonders. In das große Abenteuer zu springen erfordert, an allen neu gewonnenen Lebensreichtümern wieder vorbei zu klettern, herauszukommen und sie zu verpacken. Abschied zu nehmen, in Umsicht, in Weitsicht. (Und mit viel Kleister, vom Meister)

Vor vielen Monaten verließ ich Deutschland und bin doch noch immer auf Reisen. Ich spielte so manche Gigs, wurde von fremden Momenten angestachelt und halte mich noch immer in den Eukalyptuswäldern Australiens auf. Jetzt geht dieser Abschnitt seinem Ende entgegen und leitet damit etwas Neues ein.

Und da ist es! Neu Neu Neu! Die Endorphine planschen „Wonnemar!“ und ich freue mich, mein neues Album hiermit anzukündigen! Unter dem skizzierten Arbeitsnamen „Stiller Ozean“ startet am 6. Juli 2015 das einmalige Projekt. Projekt? Ja, denn: Im Rucksack, Koffer oder unter der Decke? – Nirgends ist eine Spur dieses Albums zu finden! War ich zu faul, das ganze Jahr über nichts zu schreiben? Nein, doch schweben diese kreativen Welten in andere Richtungen als in die eines neuen Musicmaik – Albums. Es gibt noch gar nichts zu hören, zu erleben, nichts zum Abtauchen. Es ist noch nicht auf der Welt, es gibt noch keinen Song, gar keine Musik.

Wo wird sie also herkommen? … Wahnsinnig aufgeregt – oh boy! – werde ich am 6. Juli, einem Montag, Australien für jetzt verlassen und auf silbernen Schwingen ‚gen Pazifischen Ozean fliegen! Ich werde nicht nach Westen, nach Europa zurückkehren sondern gehe nach Osten! – und eine fantastische Reise über und durch den größten Ozean der Welt antreten. Dorthin, wo es kein Land mehr gibt, da wo es nicht weiter weg von Allem, was Heimat ist, geht. In die Vergangenheit, nach Gestern. In den kommenden Wochen werde ich an ausgewählte Orte im „Großen Blau“ verschwinden. Werde musikalische Ideen und Skizzen komponieren, Eindrücke festhalten, ordnen, ausprobieren. Auf einer Reise, die zusammen mit dem Australienabenteuer gerne den Titel „Die Reise eines Lebens“ verdient. Die Inspiration zu Text und Musik verwandelt. Und wie wird es dort sein, was wird mich dort erwarten? Weitest von jedem Zuhause in Europa. Dort! – Im ewigen Pazifik wird „Stiller Ozean“, der Nachfolger meines ersten Albums, aus den Wellen entstehen. (wie Godzilla)

An diese Stelle schmiegt sich nun die Einladung für Dich oder deine Bekannte, die das vielleicht interessiert: Bist oder warst du im Landkreis Elbe – Elster zuhause? Dann kannst du an diesem Werk teilhaben! Du kannst in einem Workshop in der Erschaffung des pazifischen Albums mitarbeiten! Mit deinen Beiträgen formst du Text und Musik zusammen mit mir und anderen Teilnehmern. Von zuhause aus, ans andere Ende der Welt!

Besonders und einmalig daran ist: Deine Beiträge aus unserer Heimat – dem Landkreis Elbe – Elster – und meine Erlebnisse im Pazifik werden zu Musik. Du hast als Teilnehmer einen gewissen Einfluss auf das fertige Album. Deine Ideen klingen im fertigen Album mit!

Da ich als Musiker um Bad Liebenwerda beheimatet bin, freue ich mich, die Entstehung dieses Albums mit Menschen aus meiner Heimat in bestimmten Abschnitten zu teilen. Das ist großartig! Klingt gut? Mach’ mit. Denn hey? – Wer kann schon von sich sagen, an einem Album mit einem Homie Musiker gearbeitet zu haben, der gerade den Pazifik bereist?!

Bist du Feuer und Flamme für Wellen und Wasser? – Dann schau’ dir gerne die Info „Musicmaik –  Stiller Ozean.pdf“ im Anhang an.

Nix für dich so richtig? – Vielleicht kennst du jemanden, der sich dafür interessiert – und schickst ihn hierhin!

Dank!
Maik

Musicmaik – Stiller Ozean.pdf

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Unbenannt

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5 – Südwärts zu Freunden

Es war eigentlich wieder nur der Highway. Aber der war bekannt. In Townsville verband sich Neues mit Altem. 2010 schon einmal die Straße von Brisbane nach Cairns hinaufgefahren, schneidet der Westhighway jetzt die Erinnerung gerade dort im Norden wieder aus der Zeit heraus. Wieder zurück in der Wärme, in der feuchten Hitze, am Wasser. Dort ist Magnetic Island und hier die seltsame Reminiszenz. Das Geld im Tourismus will nicht schlafen, es soll hier behalten werden. Demzufolge ist zumindest in der Stadt, wie später eigentlich auch an der Küste, viel passiert, um die geneigten Reisenden zum finanziellen Aderlass zu bewegen. Und gerade die Regenzeit verlassen, bildete Townsville den Eingang zum Ausgang der Reise Rot. Von jetzt an würde es nach Süden gehen, von jetzt an würde ich Bekanntes wiedersehen.

So waren die Etappen: Townsville // Whitsunday Coast // Mackay – Gladstone Rollerei // Capricorn Coast // Fraser Coast // Sunshine Coast samt einschlägiger Sehenswürdigkeiten und ohne diesmaligem Erwähnen.

Wieder aber waren es die spärlichen Straßen, die Verwunderung schenken. Vieles Alltägliche in diesem Land ist selten, wenig vorhanden. Eine Straße wird zur Hauptader, eine Stadt zur Oase, eine Tankstelle zum Unbedingt-Stopp. Denn man hat wenig Wahl. Du möchtest dorthin? – Dann fährst du auf diese eine Straße – denn oft gibt es gar keine Wahl. Ein weit verzweigtes Netz von Wegen ist hier nicht vorhanden. Seltene Verfügbarkeiten bekommen dann – ganz ohne den durch Provinzmuff aufgeblasenen Falschwert – hohe Priorität. Will heißen: Der Bruce Highway ist nach viereinhalb Jahren noch immer so wichtig wie eh und jeh. Wie viele Backpackervans, Limousinen und Roadtrains sind darüber gebrettert? Wäre es eine beliebige Straße, austauschbar durch Nachbarwege, dann wären drei Sätze dazu schon übertrieben. Aber die Exklusivität, die durch das „Nur-einmal-vorhanden“ Prinzip entsteht, sie macht den Reiz.

Tagestemperatur. Vielleicht ist es 1° Celsius pro 100 Kilometer. So fühlt sich der Temperaturabfall auf dem Weg nach Süden an. Aus den subtropischen Wärmen hinein in den australischen Spätherbst. Mitte Mai wirbelt es im Herbst zu sein den durch Jahreszeiten geprägten Europäer wohltuend durcheinander, es inspiriert und ehe er sich versieht, sinniert er wohlgetan mit den Aussies über das Wetter. Das ist weder launisch noch nasskalt, es wärmt am Tag und fordert Decken in der Nacht. Einige Häuser in Australien haben von Heizung und Wärmedämmung noch nichts bekommen, die Leute schalten für eine Weile den mobilen Gasheizer an. Das Haus kühlt während der Nacht komplett aus, vielleicht hinab bis auf 11°. Die Notwendigkeit, viele Decken in Schichten übereinander packen zu müssen, erinnert dann gern an die nächtliche Feindlichkeit von „Wuthering Heights“. Der Morgen geht dann umso leichter, da die Kühle den Kreislauf ohne Nachbitten ordentlich auf Trab bringt. Gut so.

Nach tausenden Kilometern Nichts setzt sich auch das Bewusstsein langsam wieder in der Zivilisation ab, ein paar Stunden nördlich von Sydney schließt sich unaufhörlich der großzügige Kreis.

Eine Reise – allgemein betrachtet ist sie deswegen schwer schätzbar wertvoll, weil sie das Eingefahrene, das Wiederkehrende und das Leben schläfrig- Machende abschmelzen lässt, bevor es zu ewigem Eis wird. Weil sie inbrünstig verteidigte Meinungsfestungen mit einem Fingerschnipp in einen anderen Teil der Perspektive verschiebt, deren Verteidigungswälle auf leerem Feld ganz deplatziert, umsonst gebaut, aussehen lässt. Nach einigen ‚Umstellungen‘ gar die Handhabe, Wälle zu errichten, auflöst. Bedankt!

Reise Rot – Ende

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3 und 4

Kapitel 3 – Three Ways Corner

Eine der wichtigsten australischen Verkehrsknotenpunkte ist, wenn man sich von Osten nähert, wie von Norden anreist oder vom roten Zentrum her sich bewegt, die einmal mehr understatement-haft genannte „Three Ways Corner“ inmitten einer bush-Landschaft, die vielleicht von ein paar Rindern abgegrast wird – wenn auch ‚abgegrast’ ein weniger glaubhaftes Wort in Verbindung mit der kargen Vegetation derselben ist.
Begibt sich der geneigte Reisende auf diese Unternehmung, möge es ihm hier passieren, die dürftig ausgebaute Straße – den hier genannten „Stuart Highway“ – auf eine Weise zu betrachten, die sich weg von einer leblosen Asphaltlinie hin zu einer Lebensader, einer Arterie der Mitte, entwickelt und die sich – bei näherer Betrachtung – trotz ihres Alters und weniger oft modernisierter Umstände unbedingt als wichtig, gleichermaßen lebendig, erweist.
Es bleibt der Erübrigung eigen, auf die mächtigen Stahlkolosse aufmerksam zu machen, die, ungefähr zu dreißigst während des Tages, mit kräftigem Fahrtwind an einem vorbei – oder auch gefährlicher: entgegen der eigenen Fahrtrichtung – dreschen und die, in Ausmaßen von fünfundfünfzig Metern Länge, zunehmlich: einhundertzwanzig Tonnen Gewicht, mit einem Schild an der Motorhaube klebend – „Road Train“ sagend – die überlebenswichtigen Güter von Nord nach Süd, wie auch von Süd nach Nord, durch den australischen Kontinent zügeln.
In dieser Umgebung des Northern Territory erscheint die bezeichnete Three Ways Corner, die sich auslegend nach Darwin oder nach Townsville oder zum Beispiel auch nach Adelaide verführen mag, wie die unterdurchschnittlich beachtete Überschneidung zweier Wege auf dem kleinen Lande, in T-Form; fast so, als ob es für sehr billig und fahrig gehalten würde, sie einer größeren Wertschätzung als eines schräg gesetzten Notizpunktes auf der anmutenden Landkarte in Druckschrift, und das auch noch schwätzend: ohne Serifen – schluchzend niederzulassen. Die verführende —
Äm, Vielen Dank, Heinrich, setz dich, ja … – gut gemacht. Du … wirst bestimmt mal Schreiber. –So, wer fasst den Mitschüler Heine zusammen?

Kapitel 4 – Nach Osten

Landkarte in Wörtern: Wüste, Sand, Hitzeflimmern, Gumtrees, Farmland, Scrub, Wide Open Spaces. Man rollt einfach durch. Immer gleich und es startet das Zahnweh des Outback. Langsam keinen Bock mehr auf immer gleich. Overdose Nichts und nur Straße. Roadtrains schütteln den Van bei 55 Metern und 120 Tonnen bei 110 km/h. Wirst du von der Energie dieses rollenden Viechts’ mal getroffen, bist du hauchdünner platzsparender Schrott. Kurz nach der Grenze zu Queensland verändert sich die Landschaft. Outback vorbei? Ne, nur Fläche, gerodetes Land. Weiden bis hinter den Horizont. Farmland. Mt. Isa und rundherum sieht endlich ein paar rostrotbraune Hügel. Ja – Abwechslung her mit dir! Und dann? Flat area, Farmland wieder und dann wieder trockene Wüste. Je weiter man nach Osten kommt, desto mehr nähert man sich der Great Dividing Range und damit dem Ende der Prärie. Die Range ist ein Gebirgszug von Melbourne an der Küste entlang führend bis hoch nach Port Douglas. Der schmale Streifen zwischen Bergen und Wasser – Dort ist das satte Grün und das wohlig, genussvolle Küstenleben. Überquert man die Berge nach Westen, wird es viel trockener und staubiger. Nähert man sich von Westen, freut man sich auf das Meer, was hinter den Bergen liegt. Die Great Dividing Range ist die Klimagrenze.

Das Outback, es hat sein Leben. Seinen Reiz, seine völlig andere Art. Es bietet eine Erfahrung, die sich komplett vom urbanen, ozeannahen Leben unterscheidet. Die nächste Reise wird diesen Geschmack des Kontinents näher beleuchten. Aber während die Buchstaben auf dem Weiß landen, nehme ich wörtlich ‚langsam‘ Abschied von der Erfahrung: Nach ungefähr 2800 Kilometern True Heart of Australia setzt sich Nimmerland derweil behutsam nachbarschaftlich an den Herzblut glitzernden Ort meiner Lebensschätze.

Fast wie eine Zeitreise. Im November 2010 traf ich in Brisbane ein und bereiste mit einer Freundin die australische Ostküste nach Norden. Bis nach Cairns brachte uns die Zeit und die Hälfte meines Albums „ooceeyaan“ schrieb ich an der so blauen Pazifikküste. Fraser Island, Bundaberg, Musgrave, die Whitsundays, subtropisches Townsville und Cairns. Und alle Geschichten dazwischen – Das Gefühl einer glücklichen Zeit lebt dort. Nachdem die Three Ways Corner im Rückspiegel verschwand, eigentlich schon eher – nördlich von Alice Springs, fand ein ganz neues Gefühl Einzug in die Biografie: Da, in den ersten Tagen im Mai ist das nahende Townsville an der Küste wie ein Sprung zurück und nach vorn zugleich. Zurück – Weil es all die lebensbelohnenden Erinnerungen dieser fantastischen ersten Australienreise fast in einem Ritual wieder beschwört und lebendig macht. Die Vorstellung, daran, bald wieder an der Küste von Queensland zu sein, durchflimmert die Zellen mit ‚nem Eimer Endorphinen. Etwa 1500 Kilometer sind es von der staubigen Three Ways Corner des Northern Territorys bis nach Townsville. Auch wenn jeder einzelne davon zunehmend eine Geduldsprobe ist – das Outback hört nicht auf! – ich genieße jede Minute Fahrt in der leeren Weite mit Blick auf die Küste. Denn: Jeder gerollte Kilometer ist wie ein Schritt zurück zur Erinnerung.

Nach vorn. Während dieser Fahrt zurück an den Pazifik fühlt sich die Vorstellung davon an, wie ein Rückblick aus einer noch fernen Zukunft: Opa Maik erzählt im Sessel aus seiner Geschichte und erinnert sich, wie er damals im Mai 2015 ‚zurück‘ nach Townsville kam – nachdem er vor fast fünf Jahren dort Schmetterlinge fand. Wie der Eintrag in das eigene Geschichtsbuch, blätterte man die Jahre zurück und fand die Seiten.

Beides zusammen – zurück und nach vorn – ergibt dieses heimelnde, schüchtern symphatische Gefühl von Magie, Rätsel, Spannung. Und das füttert das unbedingte Ja! zu Lebensfreude, unnachgiebiger Unternehmenslust und: Glück!

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Weiter auf der Straße // Kapitel 2 – Das Rote Herz

…Die Fliegen warten schon an der Grenze. Ein rostiges Kunstwerk sagt: Welcome to Outback Australia – Northern Territory. Man kann es kaum lesen, weil die lästigsten Fliegen der Welt den Kopf besetzen. Jagt man sie weg, schweben sie ungefähr 2cm weiter und setzen sich wieder, suchen, jucken und summen. Ungefähr 20 pro Kopf. Und die haben ein unendliches Reservoir an Fliegennachschub, falls man ein paar erwischt. Tapferes Schneiderlein, willst du hier deinen eigenen bescheidenen Rekord knacken? Rück’ mal an, geht schnell.

Ins Auto, weiter, der nicht endende Highway überlässt einem sich selbst, man könnte die Lenkradkralle anschließen, es geht ohnehin meistens nur geradeaus. Langsam zieht das Nichts vorbei und hört nicht auf. Roter Sand, Bushgras, Gumtrees, es bleibt immer gleich und der Mangel an neuer Information normalisiert.

Centre of the centre, so nennt sich das Erldunda Roadhouse. Ach echt? Tatsächlich! – Die Tanke samt Zeltplatz und kleinem Shop ist tatsächlich die Mitte von Australien. Vielen Dank für das Understatement, es gibt nirgendwo ein Denkmal dafür. Man würde das genießen wollen, wären da nicht die 20 Ungeheuer, die einem nervtötend am Kopf herumackern und krakelen. Außerdem: Die Hypnose des Highways lässt so schnell nicht nach, da macht so ein Roadhouse inmitten drin keinen großen Unterschied. Noch ein bisschen weiter, Richtung Westen, das Schild sagt tatsächlich: Uluru. Irgendwo auf halber Strecke ist das Lager für die Nacht und es ist: Still. Windige Büsche zwischen denen der Blick versucht, irgendetwas außer der Weite auszumachen – nix da. Nur Bush. Geh’ da nicht rein! Im Dunkel fragt mich der Himmel der südlichen Hemisphäre:
„Bin ich ein Zelt
was glaubst du
ist auf der anderen Seite
meiner Welt?“
Nacht. Highway hinein abgeschlossen.


Kapitel 2 – Rotes Herz

Stein war Sand war Stein

Ich bin deine Illusion und du glaubst gar nicht, was ich war! Du bist ein hundertmaliger Bruchteil der Zeit, du versuchst tatsächlich zu verstehen? Auf mir läufst du herum und orientierst deine Blicke auf einen der Ahnen. Du meinst, es ist ein Rätsel, wie dieser Fels hier liegen kann? Ich sage dir: Es ist ein Lehrstück der Sinnestäuschung. Wie es scheint, ist es nicht. Wie es ist, war es nicht. Nun verwirre ich dich damit und doch macht alles Sinn. Überall wo du fährst und läufst, es ist Sand. Das bin ich. Ich bin Sand. Ich erzähle dir verknappt und skizziert meine Geschichte. Und sie beginnt so lange vor Allem, was ihr selbst aufgeschrieben habt.

Es ist 900 Millionen Jahre her, ich war mit Ungezählten meiner Art fest verbunden zu einem Gebirge überall hier. Gepresst zu Fels mit Eisen im Herzen, strahlten wir über diesen Kontinent rot im Sonnenlicht. Doch selbst wir sollten nicht bleiben. Erosion löste unsere für immer glücklich geglaubten Beziehungen. Siehst du, wie unsere Hände und Bände auseinandergerissen wurden? Siehst du, wie wir zerfielen? Wasser raffte uns fort, Wind brachte uns ins Chaos. Und die Wüste, sie kam; sie wurde, als wir zerfielen. Jetzt sind wir Wüste und Staub. Wind bringt uns fort und wir wissen nicht, wo wir sind. Ein paar sind geblieben. Wir wissen nicht, wie und warum. Als Fels ragt der Stein Uluru aus der Erde. Dreihundert Meter über dem Sand, doch weitere sechs Kilometer unter ihm. Du siehst nur den kleinsten Teil seines Ausmaßes, sechstausend Meter in den Sand hinein, dort lagert sein Gewicht. Das flache sandige Gebiet hier im Zentrum Australiens, es sind die Reste des Gebirges, das wir eins stolz darstellten. Ist es nicht anmaßend, sich das vorstellen zu müssen? Du würdest hier nicht laufen können, wärest in ewigem Stein vertan. Und so geht die Geschichte unserer Trennung weiter. Hier ist nur noch Sand. Verweht und wird vertragen. Ich zeige dir den eingefrorenen Schneckengang der Geologie. Denn es geht weiter, immer weiter. Dein Leben ist nur ein hundertmaliger Bruchteil der immer formenden Zeit.

Uluru und Kata Tjuta, es sind Giganten, wie man es sich nicht vorstellt. Die Fotos dieser Felsformationen können gar nicht herüberbringen, wie überwältigend die Batzen da im Outback liegen. Langsam nähert man sich ihnen auf der Straße durch den Nationalpark und es dämmert einem, wie heilig diese Orte für die Aborigines sein müssen. Aber im Licht der wissenschaftlichen Erklärung scheinen Uluru und Kata Tjuta wie ein Schlüssel zu einem urzeitlichen Bild der Landschaft. Der Blick auf die Felsen als Eingang zur früheren Erdgeschichte. Rotes Herz, du lebst weil du Rätsel fragst.


Halt’ an

Nach ein paar Tagen zurück nach Erldunda, weiter Richtung Alice Springs. Die Nacht auf dem Highway ist eine Definition für Stille. Kein Auto für die Zeit einer Abendserie. Die südliche Hemisphäre ist Kino: Sterne so hell, sie skizzieren die Milchstraße so deutlich wie sie sonst nirgends zu sehen ist. Ein Kraftprotz von Licht – denn es ist fast Vollmond, trotzdem ist eine strahlende Menge zu sehen, die nicht endet. Nach zwei, drei Minuten verführt die Stille so sehr, die einzige Bewegung überhaupt – Es ist das Funkeln der Sterne! Nichts sonst passiert, kein Geräusch in der Ferne, kein Tier bewegt sich. Nicht die Idee einer Ablenkung geschieht. Es gibt keinen Ort, keinen Zug innerhalb der nächsten 80 Kilometer, kein elektrisches Licht. Die Augen und sämtliches Bewusstsein reduzieren ihre Aufmerksamkeit auf die winzig scheinenden Ereignisse, die da aus Lichtjahren Entfernung auf der Erde ankommen. Das ist ein vollkommenes Kunstwerk des Minimalismus. Die Welt steht, Stopp! Auch eine philosophische Übung: Man erkennt das Funktionieren vom „Passieren der Dinge“. Ist passieren der Vorgang des ‚Vorbeigehens‘? Oder auch das Ereignis im Geschehen? In dieser Nacht auf dem Highway nach Alice Springs ist „Passieren“ – etwas ‚passiert‘ – so reduziert, wie noch nie zuvor in meiner Zeit auf dem Planeten. Man muss sich nur vorstellen, wie wenig das ist: Kleinste Veränderungen im Lichtschein der Sterne – das ist alles, was diese Stunden in der Nacht hatten. Nichts anderes – „passierte“ mich. Das zu zu greifen fällt schwer.

Der Hobbyphilosoph fragt als Nachtrag: Aufmerksam wurde ich auf dieses Geschenk durch die anwesende Stille. Im Van erledigte ich etwas und merkte plötzlich, dass um mich herum da etwas ist, was mich ablenkt. Das Nichts war da, es machte auf sich aufmerksam. Metadenken: Es geschieht nichts, und genau das ist, was geschieht. Wie eine sanfte Wolke umschloss es die Gegend. Was macht es mit dem Gefühl, der digitalen Reizüberflutung ausgeliefert zu sein, wenn diese nie gekannte Stille einem so viel Energie geben kann? Und kann man sie noch irgendwo anders finden?

Es wäre einen Preis wert, einen Ort in Deutschland auszumachen, der das bietet. Im australischen Outback? – Here we go! Rotes Herz, du lebst, weil du dir aus nichts etwas machst.


Luft – Lehrer – Raum

Ben ist acht Jahre. Wenn er am Morgen aufsteht, wandeln die Solarplatten auf den Dächern der Häuser bereits Sonnenenergie in Massen zu Strom um. Ben frühstückt Müsli und trinkt Tee mit Milch, er sieht Mum und Dad draußen Kühe treiben, auf der Cattle- Station. Roter Staub wirbelt auf und unter den Hüten der Arbeiter perlt Schweiß. Ben begrüßt Allie und beide sitzen bald vor dem Computer. Er klickt auf das Symbol mit dem Namen „REACT“, es öffnen sich mehrere Fenster, die Webcam des Computers geht an. Die Fenster zeigen weitere Kinder in Bens’ Alter sowie einen Mann, der gerade ein Experiment vorbereitet. Was ist Absorption? Wasser, Sand, eine Schachtel. Ben macht mit, Allie hilft beim Aufbauen. Der Mann, sein Name ist Jeremy, erklärt, liest vor, zeichnet. Er unterhält sich mit den Kindern, die alle gespannt zuschauen und mitmachen. Jim, ein anderes Kind, klingt durch das Mikrofon zu laut, Jeremy regelt die Lautstärke zurück. Das Wasserexperiment ist gelungen, die Kinder sind begeistert und unterhalten sich über Video und Mikrofon. Nach einer halben Stunde ist Pause, in fünfzehn Minuten geht es weiter mit Mathe. Allie, Bens’ persönlicher Tutor, zeigt ihm noch Hausaufgaben und arbeitet dann an ihrer Nachbereitung.

Ben wohnt auf einer Outback Station im Northern Territory. Sein Dad fährt manchmal mehrere Tage raus, er muss mit dem Helikopter die Rinderherde auffinden und die mit Drovern auf eine neue Weide schicken. Das dauert. Denn die Rinderfarm von Ben’s Familie hat die Größe von Belgien. Einmal in der Woche geht es über eine Sandpiste nach Alice Springs zum Einkaufen. Ben bleibt da meistens zuhause, von der Farm bis nach Alice Springs sind es neun Stunden Fahrt. Alles eingekauft, jede Aufgabe erledigt? – Dann geht es neun Stunden zurück. Weil es Kinder aber keine Schulen im Outback gibt, wurde in den 1950er Jahren die Alice Springs School of the Air gegründet. Anfangs über Funk und Radio übermittelt, werden Schüler jetzt über das Internet unterrichtet.

Wie funktioniert das? In Alice Springs gibt es ein altes Radiostudio, in dessen drei Senderäumen jeweils mehrere Kameras und Computer eingerichtet sind. Zur Unterrichtszeit startet der jeweilige Lehrer die Software REACT, ebenso wie die Schüler auf ihren Farmen. Über Videokonferenz samt Greenscreen für Bildeinblendungen haben die Schüler alle Fächer, die ihre Mitschüler in den gewöhnlichen Schulen auch haben. Technisch umgesetzt ist das so: Zwischen Alice Springs und Darwin liegt eine Fibre-Channel Hochgeschwindigkeitsleitung, dazu sitzt eine Satellitenschüssel auf dem Dach des Radiostudios in Alice Springs. Sendegebiet: 1,3 Millionen Quadratkilometer. Jede Familie, die bei School of the Air eingeschrieben ist, bekommt Technik im Wert zwischen 10 – 15000 Dollar eingerichtet. Die IT-Mitarbeiter der Schule fahren raus bis zu den Familien und bauen alles auf. Der Unterricht bzw. die Liveübertragung wird über ein separates Netz gestreamt, da das Internet zu schnell überlastet ist. Zusätzlich werden Pakete mit Materialien wie Bücher, Stifte, Bastelzeug oder farbige Papiere per Luftpost ins Outback geschickt. Die Familien müssen nichts davon bezahlen, die Technik jedoch am Ende der Schulzeit wieder abgeben. Aufgaben, die die Schüler zu lösen haben, werden zuhause eingescannt und über das Netz an den Lehrer in Alice Springs gesendet.

Das Alles kostet eine Menge Geld, auch erzielen die Schüler ähnlich gute Abschlüsse, wie auf städtischen Schulen. Nach ihrer besonderen Schulzeit haben sie die Chance, auf einem Internat den mit dem Abitur vergleichbaren Schulabschluss zu leisten. Dann leben sie in einer größeren Stadt. Bloß: Wie geht es einem 16 – Jährigen, der zum ersten Mal überhaupt in eine Gegend mit Menschen kommt? Der sein Leben lang noch nie innerhalb einer größeren sozialen Gruppe gelebt hat? Fragen im „desert-lifestyle“. Die nächste Stunde geht los, die Klimaanlage zur Kühlung der Sendetechnik in Alice Springs kann ausbleiben, heute werden keine 45°. Rotes Herz, wie du lebst.

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Reise Rot

Adelaide liegt mehrere Tage zurück, Sonntagabend war geprägt von kalter Luft unter den Strahlsternen in den Flinders Ranges. Die alte Gebirgsformation 450 Kilometer nördlich war das nächste Ziel. Schluchten, Gipfel und jede Menge würzig duftende Eukalyptusbäume später liegen Karten und Kalender auf dem Tisch, zeigen Entfernungen, Daten und vor Allem: ‚Ne Menge gar nichts!

Denn es beginnt: Die Reise Rot. Nach dem Cullulleraine Festival war Adelaide und die deutsch-beeinflusste Gegend der Prolog für die nächste große Erkundung. Die Flinders liegen selbst schon im Outback, malen sich rot, ocker oder auch orange in den Sonnenlichtern des Tages. Doch das große ‚Gar Nichts!‘ kommt jetzt.

Die Stationen der Reise Rot:

1. – Der Highway in die Wüste

2. – Das rote Herz

3. – Eine von Dreien führt nach Osten

4. – Schon lange Bekannte

5. – Südwärts zu Freunden

Danach sind ungefähr 7000 Kilometer mehr auf dem Tacho, ‚ne Schippe roter Sand im Van und: Es wird Mitte, Ende Mai sein.

Mitten zwischen Aufholjagd und up-to-date:

Kapitel 1 – Highway in die Wüste!

Der Tastaturanschlag hallt zwischen Sandstein und Beton. Draußen pfeift ein kalter Wind über die gigantischen Ebenen des südaustralischen Outbacks. Die Wände umgeben einen in beige, krem und rotbraun. Coober Pedy ist einer der seltenen Orte, an denen die Menschen teilweise in Höhlen leben. Keine Bäume für Holz, 14 cm Niederschlag pro Jahr und 50° im Sommer – die Menschen hacken Löcher in den Fels und machen es sich gemütlich. Immer zwischen 20 und 24° lebt es sich im Winter wie Sommer gemütlich. Der Fels hält alle Naturgewalt auf und wer weiß – vielleicht findet man beim Vergrößern des Schlafzimmers mal eben einen Opal im Wert von 100000 Dollar?

Denn seit ziemlich genau 100 Jahren wird der Großteil des weltweiten Opalprodukts aus den Ebenen um Coober Pedy geholt. Dreißig Meter tiefe Löcher graben Maschinen in den Boden. Einmal angekommen, fräsen Tunnelbohrer Gänge ins Gestein. Falls dann ein hellhöriger Minenarbeiter ein besonderes Geräusch während des Grabens hört, könnte die Maschine ein Opalvorkommen zum Vorschein gebracht haben. Dort – zwischen den 120 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten wollen die Leute ihr Glück finden. Seit 100 Jahren, und es klappt. Wie Silizium, Wasser, Druck – und vor Allem: Zeit – sich zu einem so ansehnlichen Naturprodukt verbinden konnten, das besticht.

Der Weg nach Norden führte durch Port Augusta und seine treffend beschriebene ‚Crossroads of Australia‘. Von Sydney nach Perth durchquert man Port Augusta. Von Adelaide nach Darwin – Port Augusta. Kurz nach dem Ortsende – Scrub, Outback, wildes, ewiges Land. Wildes, urzeitliches Land. Die Weite und Fläche des Nichts ist sich selbst nicht genug, es geht immer noch mehr. Noch mehr Nichts und wäre es vielleicht an der Zeit, nach diesem Hügel eine Stadt oder eine andere Gegend zu zeigen, liebes Australien? Ach, wie kommt man nur auf diese Frage?

Als Europäer ist das endlose Nichts schwer zu fassen. Alle Gegenden, Autobahnen, aufgebautes Leben in den kulturdurchtränkten Wänden historisch gewachsener Großstädte – Das Outback ist eine gähnende, stundenlange Entspannung. Eine Ruhe gegen das Flimmern der modernen Welt. Ein Vakuum gegen die Übersättigung von Eindrücken. Wobei es selbst beeindruckt. Das geht immer so weiter, es hört nicht auf. „Du kannst die Erdkrümmung sehen, wenn du im flachen Outback bist.“ Sagt ein Freund. Und soweit das Auge reicht, nur Sand, Stein, Bush, Gumtrees – je nachdem, wo man sich gerade befindet.

Teilweise führen Straßen vom Highway ab. Rote Pisten hinein und weg hinter den Sanden. Kleine Schilder nennen dann Ortsnamen mit Kilometerentfernungen. Wäre der Van ein Allradfahrzeug, wäre das eine Erkundung wert. So aber fühlt sich der Gedanke über das Verlassen des Highways wie ein fataler Plan an.

Weiter auf der Straße.

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